Vortrag: Adenstedt und die Ilseder Hütte
Vereine und Gruppierungen - Parteien - CDU |
Zu einem Vortrag über die Geschichte der Ilseder Hütte, die Adenstedt maßgeblich beeinflußte, hat die CDU alle Interessierten ins Landhaus eingeladen, und es kamen zahlreiche Wißbegierige jeden Alters.
Manfred Vorberg,  ehemaliger Instandhaltungs-Ingenieur und jetzt vom Förderverein "Haus der Geschichte Ilseder Hütte" kam mit viel Insider-Wissen und etlichen alten Fotos.
Â
Er begann damit, daß Adenstedt (und die anderen Gemeinden drumherum) bevor es die Hütte gab, sehr landschaftlich geprägt waren, als sogenannte Kapellengemeinden etwa 300 Seelen groß (ca. 1600n. Chr.).
Um 1850 herum gab es keinen Strom, kein fließend Waser. Die Fuhse war für Mühlen oft aufgestaut (Ilseder Mühle, Ölsburger Mühle, Lauentaler Mühle). Die Bevölkerung (ca. 800) waren Bauern, Handwerker und sogenannte Tagelöhner, die in der Landwirtschaft halfen, dort von Naturalien lebten, und oft nur einmal im Jahr zur Ernte Lohn erhielten.
Hier in Adenstedt trat das Eisenerz zutage. Dieses hatte zwar nur einen 30%igen Erzanteil, im Gegensatz zu sonst 60% üblichen. Dennoch taten sich 1856 einige Banker und Bauern um Carl Hortsmann in einer AG zusammen, dieses (und evtl Kohle) zu fördern. Eine Pleite, aber bereits 1860/61 wurden die ersten beiden Hochöfen in Betrieb genommen.
1872 kam in Peine das Peiner Walzwerk dazu.
Manfred Vorberg erzählte, wie das Erz damals alles händisch im Tagebau abgebaut wurde. Dazu fehlten Arbeitskräfte.
Die Hütte bot den örtlichen Tagelöhnern nun eine feste Arbeitszeit und einen festen Lohn. Sie gründete die Siedlung Neu Ölsburg und warb etliche Arbeitskräfte aus den Regionen Oder/Neiße und Kaiserslautern an.
Adenstedt war Tagebau, nur die Gegend um die Kirche/Friedhof herum wurde aus Pietätsgründen verschont.
1871 wurde dann die erste Kokerei gebaut. Das als Abfallprodukt anfallende Gas wurde über Dampferzeugung zu Strom verarbeitet. Adenstedt war damals durch die Hütte relativ früh mit Strom und Gas versorgt.
Dennoch wurde bis 1880 immer noch alles mit der Hand abgebaut. Das abzutragende Deckgebirge wurde im Tagebau bis zu 45m hoch.
Manfred Vorberg betonte, daß die Hütte sich um Ihre Arbeiter kümmerte. So unterhielt sie ein Badehaus für die Angestellten. Wo andere noch einmal die Woche im Zink-Zuber baden mußten (die ganze Familie nacheinander) konnten hier die Familienangehörigen der Hüttenarbeiter einmal die Woche baden.
Die Hütte unterhielt später ein Casino, Freibad, Bibliothek, Schule, Wäscherei etc.
1906 hatte die Hütte ein eigenes Wasserwerk mit Tiefbrunnen, was auch Adenstedt mit qualitativ gutem Trinkwasser versorgte, jedoch auch den Wasserpegel absenkte, und somit die Landwirtschaft entwässerte.
Allein die Hütte brauchte bis zu 400m³/h. Dieses führte dann zur kalten Fuhse vor Ilsede und warmen Fuhse nach Ilsede.
1916 wurde dann die Adenstedter Kirche doch abgerissen.
1920 erzeugte die Hütte 30MW Stromerzeugung, was für damalige Verhältnisse sehr viel war.
1921 Errichtung der Elektrohängebahn, einem damaligen Wunderwerk der Mechanik. Alles war hier noch genietet, da die Stahlqualität für Schweißverfahren noch nicht ausrichte. Hierdurch wurden 350 Arbeiter eingespart, die bis dahin nur mit Schippen beschäftigt waren. Die Elektrohängebahn wurde zu so etwas, wie einem Wahrzeichen Ilsedes.
1924 wurde die Sinteranlage gebaut, die den Erzanteil von 30 auf 40% veredelte
1925 wurde der Kugelwasserturm gebaut, umd die Umformerstation, es entsand der "lange Max" ein 135m hoher Schornstein, um die entstehenden Abgase besser zu verteilen.
1928/29 führte der Mittellandkanal an Peine vorbei - es kam zum Peiner Hafen
1935 wurden in Salzgitter die HermanGöring Werke aus dem Boden gestampft, in die schließlich die traditionsreiche Ilseder Hütte eingegliedert wurde.
1970 Fusion mit SZ zu P+S, Preußag Stahl und heute SalzgitterAG
1976 wurde die letzte Lore Bültener Erzes gefördert. Danach wurde der Betrieb mit schwedischem Erz weitergefahren
1983 Stillegung des letzten Hochofens
1995 Einstellung der immer wieder modernisierten Kokerei.
Manfred Vorberg summierte, daß die Hütte Arbeit und Brot und soziale Errungenschaften in die Region gebracht hat, und erzählte dann noch von der Sanierung des Geländes. Seiner Meinung nach hat die Hütte das Land verlassen, wie vorgefunden. Alle Schächte sind verfüllt, der Tagebau aufgeforstet, und das Hüttengelände zu einem Industriepark umgebaut. Nur der Auflandeteich ist eine (allerdings vertraglich abgesegnete) Hinterlassenschaft.
Aus dem Forum kamen dann noch Fragen zu den Sanierungskosten, die den Gemeinden aufgebürdet wurden. Manfred Vorberg bezifferte sie auf ca 44 Millionen, die aber wohl im wesentlichen von der damals landeseigenen NILEG aufgebracht wurden, und nur zu etwa 10 Millionen von den Gemeinden getragen werden, hielt sich aber mit einer Wertung zurück.
Insgesamt ein sehr interessanter Vortrag über Industriegeschichte, Stahlerzeugung und die industriellen Einschnitte in die Region, der zumindest allen Zugereisten ans Herz gelegt werden kann. Was hier nur schlagwortartig zusammengefaßt werden konnte, hat Manfred Vorberg (der auch 5 Jahre hier in Adenstedt wohnte) mit viel Bildern und Anekdoten ausgeschmückt.
Â
Â