Geschichte(n) von Burg Steinbrück
Redaktion - Reportage |
Harry Willich hat beim Kreisheimatbund Peine einen Vortrag über die Geschichte der „Burg“ Steinbrück gehalten, mit dem reißerischen Titel „Die Wahrheit über Burg Steinbrück“. Sollten sich Willichs Recherchen bewahrheiten, so müßte dem Kastell Steinbrück das Prädikat Burg genommen werden. Obwohl sie ja nun über 500 Jahre so bezeichnet wurde.
Gerne wird die Burg Steinbrück als zweite kriegerische Befestigungsanlage an der Fuhse (neben der Peiner Burg) gesehen. Doch wurde das mittelalterliche Bauobjekt des Bischof Gerhard an der Grenze des Bistums Hildesheims und des welfischen Herzogtums Braunschweig schnell zum Streitobjekt.
Willich meinte, daß diese Burg bis zur Hildesheimer Stiftsfehde lediglich Kastell-artig ausgebaut gewesen sei. Der Bergfried stand Telegraphenmastartig auf einer Linie zwischen dem Lafferder Wartturm und der Hoheneggelsener Wehrkirche.
So wird auch auf Wikipedia und dem größten Teil der Geschichtsschreibung behauptet, daß erst in der Zeit der 120-jährigen (Ministerial-)Welfenherrschaft unter Herzog Julius von Braunschweig-Lüneburg die bisherige Festung zu einer richtigen Burg umgebaut wurde.
Dieses sei jedoch nach Harry Willich gar nicht nötig gewesen, in einer 120-jährigen Friedenszeit, eine Burg mitten im eigenen befriedeten Lande. Stattdessen habe er Dokumente, wie Julius die ehemaligen Festungsteile habe verrotten lassen. So klagt darin der Amtmann über marode Dächer und dadurch rostende (Wehr-)Ausrüstung.
Julius sei dagegen dank seiner jugendlichen Bildung eher von einem starken wirtschaftstheoretischen und merkantilistischem Interesse geleitet gewesen. Und so habe er Steinbrück (benannt nach der Stein-Brücke über die Fuhse, welches zuvor ursprünglich Lüttjen-Eggelsen hieß) eher zu einem damaligen Wirtschaftszentrum in der Region ausgebaut, welches den Wolfenbütteler Hof mit Waren nachweislich versorgte.
Die bisherige Geschichtsschreibung bezieht sich auf das Steinbrück-Buch von Hermann Adolf Lüntzel, welches jedoch (Harry Willichs Forschungen zufolge) 1851 erst nach Lützels Tod in 1850 veröffentlicht wurde, und womöglich durch Lektorenseitige Interessen oder andere geleitet wurde. Bildlich sprach er geschichts-schreibungs-ketzerisch davon, daß seineserachtens aus diesem Buch "die Lügen nur so raustriefen" würden. Und so zeigt er im Laufe des Abends etliche bauliche Unstimmigkeiten auf. Er postulierte, daß es nach dem Hildesheimer Hauptrezess 1643 (in dem Steinbrück wieder zum Hildesheimer Stift zufiel) alles protestantische und welfische aus der Geschichtsschreibung getilgt werden sollte. Er meinte: damals wurde massiv Geschichtsklitterung und Fälschung betrieben.
So auch in Pascha Weitschs bekanntem Gemälde von Burg Steinbrück(1780/90) in dem z.B. ein Gebäude hinzugefügt wurde, um zu bistümlicher (katholischer) Zeit die ungeliebte bereits abgerissene protestantische Eckkirche zu verdecken – und konnte dieses anhand einer früheren Skizze aufzeigen.
Auch sah er im Vollbau der Kehrwiederkirche, dem damaligen Artillerieturm (oft als Zwinger bezeichnet) keine Wehranlage, sondern ein Ausstellungsexponat, eine Art frühes Musterhaus der vom studierten Julius geförderten Ingenieurskunst.
Wie er bereits früher ausführte war hierdrin eine wassergetriebene Pulvermühle untergebracht, die ebenerdigen Schießscharten wären unsinnig, jedoch als Lüftungskanäle bei Sprengstoffproduktion wichtig. Das noch heute sichtbare mittige Deckenloch war zur Aufnahme der Welle.
Aus alten Unterlagen wäre auch am Wolfenbüttler Hof Steinkohle-Einkauf nachgewiesen: dieser ist zusammen mit Schwefel und Salpeter zur Sprengstoffproduktion nötig. Auch der massive nahe Eibenanbau zur Holzkohleproduktion diente der Pulverproduktion. Er meint nachweisen zu können, daß zeitlich später ein architektonisch stark ähnliches Gebäude (als Pulvermühle) über Braunschweig nach Bayern exportiert wurde.
Das Gebäude, welches nach aktueller Historie als Palast/Pallas bezeichnet würde, sah er damals bereits als Mälzerei und Brauerei ausgeführt. Auch die südliche Ausrichtung des Mälzereidaches sei ein starkes Indiz dafür. Den angrenzenden Hof sah als Gewerbebetriebe darum herum: Küfner, Böttcher, Stellmacher und Wagner, Meierei und Bäckerei zur Versorgung des Wolfenbütteler Hofes.
Ebenso, wie eine protestantische Winkel-Kirche war natürlich auch ein Gefängnis vorhanden, da der Amtmann ja auch Rechtsprechung in seinem Umfeld war.
Dieses Gefängis war jedoch Harry Willichs Worten nach nicht im vermuteten und sogenannten Wullenweberhaus (welches wohl eher eine Wohnstätte war und unten einen Saal hatte) sondern womöglich unter oder bei der nachgenutzten vermeintlichen Gärtnerwohnung zu suchen (an der Stelle des „umgesetzen“ Torfragmentes), die unter bistümlicher Verwaltung schnell geebnet und beEicht wurde. Geschehen, um dem auch damals schon aufkeimenden protestantischen Wollenweber-Tourismus entgegenzuwirken.
Und auch der Stiftungstafel des Kehrwieder-Turmes maß er eher jung-historische Bedeutung bei, bzw. geschichtsklitternde, da allein der Verwitterungserfolg der letzten 30 Jahre ein 400-jähriges Überleben seit 1573 Hohn spräche.
Mein Fazit: Dieses alles schien mir schlüssig und ich neige daher auch eher dazu, den Begriff Kastell Steinbrück zu verwenden, denn von einer wehrhaften Burg Steinbrück mit Pallastartigen Gebäuden zu sprechen.
Sylvia Knapek-Wodausch verfaßte über diesen Vortrag einen guten Zeitungsartikel. (18.1.2018 PAZ)
Der sehr gut mit der Lafferder Lokalhistorie vertraute Wilhelm Heise widerspricht jedoch Harry Willich vehement, dem ehemaligen Vorsitzenden des Heimat- und Kulturvereines Lafferde